Jana Bauch | Marc Botschen | Ramona Schacht | Dudu Quintanilha
12.07. – 14.09.2025 / Eröffnung 11.07.2025
Die Dokumentarfotografie Förderpreise der Wüstenrot Stiftung sind die bedeutendste
Auszeichnung dieser Art in Deutschland. Der 1994 ins Leben gerufene Förderpreis richtet
sich an Fotograf:innen, die sich mit Themen der realen Lebenswelt beschäftigen und mit
zeitgenössischen Mitteln die Repräsentationsfunktionen der Fotografie immer neu definieren.
Das Museum für Photographie Braunschweig präsentiert seit mehr als zwei Jahrzehnten
regelmäßig die Ausstellungen der Preisträger:innen. Die vier Preisträger:innen des 14.
Jahrgangs beleuchten zwischen Archivmaterial, künstlerischen wie journalistischen Praktiken
und bewusster Inszenierung verschiedene Positionen im Feld des Dokumentarischen. Im
Zentrum stehen Fragen nach Prozessen der Kollektivierung ebenso wie nach dem Subjekt,
nach Körper und Geschlecht, Genealogie und soziopolitischer Bedingtheit.
Jana Bauch (*1992) begleitet für das Projekt Y-Topia zwei Jahre lang Klimaaktivist:innen im
mittlerweile dem Braunkohletagebau zum Opfer gefallenen Ort Lützerath − nicht als
Außenstehende, sondern als Teil der Gruppe. Ihr Film und ihre Fotografien drehen sich
um die Lebensbedingungen der Aktivist:innen genauso wie um ihre Hoffnungen und
Forderungen nach Solidarität und einer gerechteren Zukunft. In Bauchs Bildern schreiben
sie sich direkt ein und kommen zu Wort.
In Soft Pass nimmt Marc Botschen (*1991) den sogenannten „Ahnenpaß“ seines Urgroßvaters
zum Ausgangspunkt einer ästhetischen Dekonstruktion. Er bearbeitet das Dokument in einer
Serie von zwischen Schrift und Bild changierenden, ornamentalen Tableaus und Fotografien. In
vielen Details verweisen sie auf die Verwaltung von Individualität und Herkunft und betreffen
Prozesse der Selbst-Einschreibung und der Über-Identifikation.
Dudu Quintanilha (*1987) erforscht in seiner Video-installation Unstable Group, was es
bedeutet, mit anderen eine Gruppe zu bilden. Im Zentrum seiner Zusammenarbeit mit
Laiendarsteller:innen in Frankfurt am Main stehen Praktiken aus Theater und Therapie. Sie
werfen Fragen nach der Erzählung und Aufführung des Selbst auf und zeigen, wie stark das
Ich vom Wir bestimmt wird. Mit seinem Video lädt Quintanilha zu einer produktiven
Verunsicherung ein.
In ihrer fortlaufenden Werkserie PICTURES AS A PROMISE (p.a.a.p.) verarbeitet, fragmentiert und
rekontextualisiert Ramona Schacht (*1989) historisches Bildmaterial von Arbeiterinnen in der
Textilproduktion aus Leipzig und Kyiv. Darin äußert sich ein Nachdenken über Kleidung und
Gesten der Dargestellten sowie den Status weiblicher Arbeit in verschiedenen Gesellschaften
und Zeiten. Schacht unterzieht das sozialistische Versprechen, Klassen- und Geschlechter-
grenzen aufzuheben, einer fotografischen Revision.